Auf den Stufen hinab zum Bousra Wasserfall in der Nähe von Senmonorom, Mondulkiri Region in Kambodscha, wird alles Mögliche verkauft. Getränke, in Bananenblättern gebackener Klebereis mit Bananen, Reiswein, Pfeffer aus der Region und ein paar andere, undefinierbare Dinge. Das Skurrilste waren kleine Felltierchen, die auf Stöcke gespannt waren. Man hatte sie bis auf ein paar Innereien ausgenommen. Mein Guide konnte mir nur bruchstückhaft erklären, dass man die Tiere trocknet und dann als Medizin verwendet. Bei dem Geruch der in der Sonne trocknenden Kadaver konnte ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass dies der Gesundheit zuträglich sein könnte.
Die Erläuterung
Mr. Vanleang vom Mountain Center Tour, wo ich ab und zu frühstückte und Mails checkte, hat es mir später so erklärt: Die Tiere heißen Aiani auf Khmer (soweit ich mich erinnere), leben in Bäumen im Dschungel und bewegen sich nur sehr langsam vorwärts. Wenn sie die Bäume verlassen, werden sie gefangen. Was wohl recht leicht geht, da sie ja nicht schnell sind. Dann werden sie ausgenommen, auf Stöcke gespannt und in der Sonne getrocknet. Nach dem Trocknen werden sie pulverisiert und das Pulver wird mit Honig und Reiswein versetzt.
Die Medizin sei sehr gut für Schwangere, die während der Schwangerschaft durch Erbrechen stark an Gewicht verlören. Viele könnten den weiten Weg bis in die Klinik nach Phnom Penh nicht auf sich nehmen – 6-7 Stunden über miserable Strassen, das schafft einen schon als gesunder Mensch – und er sei der Ansicht, dass die Klinik vielen sowieso nicht so gut helfen würde wie diese Medizin. Sie würde den Körper erwärmen und neue Energie geben.
Die Kostprobe
Er ging weg und kam mit einem großen Kanister wieder. Darin schwammen undefinierbare Stückchen in einer bräunlichen Flüssigkeit. So sieht das Ganze aus wenn’s fertig ist. Interessant. Ich machte ein Foto und dachte, damit sei die Sache erledigt. Außerdem war ich hin und hergerissen zwischen Interesse an Medizin und Kultur und meinem Bedürfnis, nicht auch noch zur Zerstörung der Tier- und Pflanzenwelt beizutragen. Auch wenn die moderne Pharmaindustrie auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Plus der Tatsache, dass ich von Alkohol in der Schwangerschaft ja gar nichts halte.
„You have to try it to get a good impression“, sagte Mr. Vanleang.
OMG!!!!
Ich hatte Anblick des Tieres und vor allem den Verwesungsgeruch noch sehr gut in Erinnerung!!
„Nein nein, ich bin ein „Westerner“. Für mich ist das bestimmt gar nicht bekömmlich, außerdem ist es noch zu früh für Reiswein und schwanger bin ich auch nicht“, versuchte ich mich rauszureden. Vor allen Dingen: wäre ich schwanger, würde ich garantiert keinen Alkohol trinken. Aber so weit wollte ich die Diskussion an dieser Stelle nicht treiben.
Er lachte, wischte meine leere Kaffeetasse mit einer Serviette sauber und ließ ganz wenig Flüssigkeit hineinlaufen.
Horizonterweiterung rocks!
Ich dachte mir: ok, sei mutig und vor allem nicht unhöflich. Wenn’s schief geht, musst Du Dich halt übergeben. Auch nicht der Untergang der Welt.
Der Ehrlichkeit halber muss ich sagen, dass ich auch darüber nachdachte, dass selbstgebrauter Alkohol zu Erblindung führen kann. Was in Kambodscha nicht selten vorkommt. Anyway. Ich nippte ganz vorsichtig und es schmeckte gar nicht mal so schlecht. Ein bisschen wie Sherry mit einer leicht erdigen Note. Der „Wein“ gleicht eher Schnaps. Anbei eine Fotoimpression.

Khmer Medicine – Das Ergebnis
Erstaunlicherweise ist mein Körper eine halbe Stunde später von einer sehr intensiven Wärme erfüllt, die garantiert nicht nur vom Alkohol herrührt. Das Frühstück ist auch noch, wo es sein soll und sehen tue ich auch noch. Das war die Beschreibung meines Selbstversuchs in Khmer Medicine.