Kleine Mädchen werden gemeinhin dazu erzogen „nett und gefällig“ zu sein. Daher fällt es vielen Frauen auch im Erwachsenen-Leben schwer, ganz deutlich „nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen. Sie geraten dann leicht in die Liebmädchenfalle, wie ich das nenne. Im Alltag – vor allem im Business – erlebe ich es oft, dass ein „nein“ vom Gegenüber auch gar nicht so einfach akzeptiert wird. Das finde ich sehr erstaunlich. Da ich mich neulich auch zu etwas habe breitschlagen lassen, das ich gar nicht wollte, schien mir die Zeit reif für einen Artikel zum Thema.
Ein fiktives Beispiel
Man sitzt beim Geschäftsessen, der Geschäftspartner bestellt ein alkoholisches Getränk, man selbst möchte alkoholfrei. Die Frage „trinken Sie keinen Alkohol?“ kommt dann meist. Auch gerne formuliert als „trinken Sie nichts?“. Doch, aber nur eben keinen Alkohol wenn ich arbeite. Ich hätte gerne ein Wasser. Das ist legitim. Oft folgt dann „ Na, ein Glas können Sie doch trinken!“. Ich „Nein, ich trinke nichts“. Wenn jemand sehr insistiert, kommt dann noch ein „Sie wollen mich doch jetzt hier nicht so alleine trinken lassen?“. „Tue ich nicht, ich trinke ja Wasser“.
Das Gleiche können Sie wahlweise anwenden auf Kuchen, Vorspeise oder Dessert. Kommt Ihnen das bekannt vor? Und wie oft haben Sie sich breitschlagen lassen und hinterher über sich selbst geärgert? Das mögen jetzt „Kleinigkeiten“ sein, die Wahrung der eigenen Grenzen sollte aber nie als Kleinigkeit verstanden werden. Dazu ist sie zu wichtig.
Die Liebmädchenfalle
Ich bezeichne das Verhalten als „Liebmädchenfalle“. Denn es werden ganz gezielt die Knöpfe des lieben Mädchens gedrückt. In diese Falle tappen wir immer dann, wenn uns jemand zu etwas nötigt, das wir nicht wollen. Da derjenige uns suggeriert, dass Ablehnung unhöflich sei. Das kann auch von Frau zu Frau oder Mann zu Mann passieren. Jedoch erlebe ich das Phänomen meist in der Konstellation Mann/ Frau. Der Einfachheit halber exerziere ich nicht sämtliche geschlechtliche Varianten durch. Man möge mir das nachsehen.
Nichts gegen Business-Etikette. Eine ganz tolle Sache. Für mich stellt sich nur die Frage, ob nicht derjenige unhöflich ist, der die Grenzen des anderen nicht respektiert.
Denn: „nein“ ist ein vollständiger Satz!
Wie sich Grenzen verschieben
Dieses Beispiel zeigt, wie Grenzen getestet werden. Etwas anderes als ein Test ist das ja nicht. Hält mein Gegenüber stand oder gibt es nach? Falls es nachgibt, geht da vielleicht noch mehr in einer wichtigeren Angelegenheit. So verschieben sich dann ganz langsam die Machtverhältnisse. Das oben genannte Beispiel mag jetzt verhältnismäßig harmlos sein, aber gerade in wichtigen Business Verhandlungen ist uns doch allen daran gelegen, dass unser Standpunkt respektiert wird und Grenzen nicht mutwillig verschoben werden. Denn sonst findet man sich irgendwann in einer sehr ungünstigen Position wieder. Also lenken Sie von Anfang an ein! Kein Rumgehampel.
Mehr Mut zum Nein!
Viele Frauen kostet es sehr viel Mut, ein klares Nein zu verbalisieren. Denn sie müssen dann mit den beleidigten Reaktionen leben können: „Jetzt sei doch nicht so …kriegerisch, unhöflich, spröde, unfreundlich“ und vieles mehr, was man dann so an Stempeln aufgedrückt bekommt. Ich bin sicher, Ihnen fällt etwas dazu sein. Mein persönliches Lieblingsbeispiel zweier Teilnehmer eines Business Seminars:
A: Nein, ich möchte nicht zur Begrüßung gedrückt werden.
B: „Du musst“.
A: „Warum?“.
B: „Weil ich das sage!“.
A: „Ach, sagst Du das auch, wenn eine Frau keinen Sex mit Dir will?“.
B: „Na, das ist ja wohl etwas anderes!“.
A: Ach, ist es das?“
Die Frage ist: Welchen Teil von „Nein“ hatte B nicht verstanden?
Manipulative Tricks
Hartgesottene Manipulatoren setzen dann auch noch ganz besondere manipulative Tricks ein. Sie ordnen dem Gegenüber negative Attribute zu, die leicht zu widerlegen sind. Tonfall und Blick sind dabei leicht abwertend. Um bei dem Beispiel mit dem Alkohol zu bleiben könnte das folgendermaßen aussehen: „Sind Sie immer so eine Spaßbremse?“.
Was passiert – zumindest wenn Sie sich der zugrundeliegenden Mechanismen nicht bewusst sind? Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden Sie beweisen wollen, dass Sie keine Spaßbremse sind und bestellen dann doch einen Wein. Kommt Ihnen bekannt vor?
Was können Sie tun?
„Vor allem aber, sich weigern Opfer zu sein“. Margaret Atwood.
Es gibt viele Möglichkeiten was Sie tun können. Die erste ist, sich dieser Mechanismen bewusst zu sein. Beobachten Sie Ihre Reaktionen darauf. Tappen Sie leicht in die Liebmädchenfalle? Dann können Sie Ihre gewünschten Reaktionen mit einer Ihnen wohlgesonnenen Freundin üben. Auch wenn das nur Trockenübungen sind, sind diese doch sehr kraftvoll und effektiv.
Und ganz praktisch: Sie können zum Beispiel Ihr Gegenüber fragen, warum es für ihn so wichtig ist, dass Sie selbst Alkohol trinken. Alternativ können Sie auch gar nicht erst auf die Angriffe einsteigen, sondern diese überhören. Soll derjenige doch denken was er will. Denn die Wertung eine Spaßbremse zu sein ist ja nur seine Sicht der Dinge. Jedem sein Recht auf eigene Meinung. Das bedarf etwas Übung und je nach Tagesform wird es auch mal nicht klappen. Aber egal, Übung macht auch hier den Meister.
Ich hoffe, diese Tipps haben Ihnen weitergeholfen. Falls ja, liken und teilen Sie gerne den Artikel. Fällt es Ihnen leicht oder eher schwer, nein zu sagen?
Allzeit eine gute und sichere Zeit,
Ihre Ute Schneider